Jagd nach der Ursprungszelle des Ewing-Sarkoms erfolgreich

Die linke Abbildung zeigt die Beinanlage einer Maus mit EWS/FLI1 Expression, in der bereits Knochen ausgebildet sein sollten. Aber die Knochenstammzellen produzieren keine Vorläuferzellen, die einen gesunden Knochenaufbau unterstützen (vgl. rechts). Copyright: Gemeinfrei unter Angabe des Rechteinhabers Ludwig Boltzmann Gesellschaft

Um bessere Therapien gegen Krebs zu entwickeln, müssen WissenschafterInnen inzwischen einen immer größeren Aufwand betreiben. Da Krebs eine komplexe Erkrankung ist, die den gesamten Organismus beeinflusst spielen genetisch veränderte Mäuse in der Krebsforschung eine wichtige Rolle. Vor allem bei seltenen Tumorerkrankungen sind klinisch relevante Tiermodelle besonders wichtig, um die Wirkung neuer Medikamente zu erforschen. Deshalb haben Forschende seit vielen Jahren versucht auch für das Ewing-Sarkom ein geeignetes Modell zu entwickeln, bis vor kurzem allerdings ohne Erfolg. Ein wichtiger Schritt ist jetzt der Doktorandin Tahereh Javaheri am Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung in enger Kooperation mit der St. Anna Kinderkrebsforschung geglückt. Ihre Forschungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Cell Death & Disease“ veröffentlicht. Die Publikation beschreibt, wie es gelungen ist, das Krebsgen EWS/FLI1 in die richtigen Vorläuferzellen einzuschleusen. So entwickeln sich aggressiv metastasierende Tumore, die den Befunden am Menschen ähneln. Das klinisch relevante Tiermodell soll in Zukunft Anwendung finden, um neue Therapien voranzutreiben.

James Ewing beschrieb als Pathologe das erste Mal 1922 das Ewing Sarkom. Es tritt vornehmlich bei Kindern und Jugendlichen auf und betrifft Knochen- oder Knorpelgewebe. Das Ewing Sarkom ist bis heute eine sehr schwere Erkrankung, die oft mit einer belastenden Therapie und chirurgischen Eingriffen einhergeht. James Ewing gründete das Memorial Sloan Kettering Cancer Center, das weltweit älteste und eines der berühmtesten Krebsforschungszentren in New York. James Ewing war ein visionärer Wissenschaftler und er gilt als der Pionier der interdisziplinären Krebsforschung, auch weil er im Tiermodell die komplexe Erkrankung Krebs erforschte. Es ist daher eine Ironie der Wissenschaftsgeschichte, dass es bislang kein geeignetes Tiermodell für diese bösartigen Knochentumore gab, dem Ewing seinen Namen gab.

Auslöser für Ewing Sarkome ist der Bruch zweier Chromosomen, die neu verschmelzen, wodurch zwei Gene fusioniert  und ein krebsauslösendes Genprodukt (EWS/FLI1) entsteht. Das Ewing Sarkom wird seit langer Zeit an der St. Anna Kinderkrebsforschung intensiv beforscht. Mit modernen genetischen und molekularbiologischen Methoden ist es heute möglich jedes beliebige Gen in die entsprechenden Zellen einzuführen und dann zum gewünschten Zeitpunkt ein- oder auszuschalten. Die Jagd nach der Ursprungszelle war äußerst schwierig und viele Gruppen sind gescheitert. Wissenschaftler hatten schon lange vermutet, dass eine Knochenstammzelle (eine Vorläuferzelle für Knochen und Knorpelbildung und anderes Gewebe) diesen Tumor auslöst. Javaheri schaltete das EWS/FLI1 Fusionsgen in Knochenstammzellen ein. Diese Mäuse hatten nach der Geburt schwere Defekte, weil das Knochen- und Knorpelwachstum blockiert wurde. Eine genauere Analyse erbrachte, dass die Stammzellen mit dem Fusionsgen eine Blockade in der Entwicklung besitzen. Das Einschalten von EWS/FLI1 wirkt auf viele Zellen giftig, damit war die weitere Richtung vorgegeben. „Wir nahmen ursprünglich an, dass das krebstreibende Fusionsgen für die richtigen Tumorstammzellen ausreicht um Krebs auszulösen. Wir probierten das Offensichtliche und haben die Zellen zusätzlich vor dem EWS-FLI1 vermittelten Tod geschützt“, sagt Javaheri. Sie hat deshalb das EWS/FLI1 Fusionsgen in Stammzellen mit einem Gen kombiniert, das zellulären Selbstmord verhindert. Durch Blockade des Zelltods konnten die Forschenden die Vorläuferzellen der Ewing Sarkome am Leben erhalten und entsprechende Tumoren erhalten. Damit gelang der Nachweis, dass tatsächlich die Stammzellen der Knochen zu Tumoren führen können, die dem menschlichen Ewing Sarkom äußerst ähnlich sind. Erste erfolgversprechende Therapieformen können bereits an diesem Mausmodell getestet werden. 

 

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